Adnan Softić

Adnan Softić thematisiert in seiner interdisziplinären Arbeit historische und politische Erinnerung und untersucht die Beziehung zwischen Architektur und Gewalt, zwischen Erzählung und Exil. Seinen künstlerischen Ansatz beschreibt er als „posttraumatische Unterhaltung“.

Adnan Softić (geboren 1975 in Sarajevo/BA) studierte von 1999 bis 2004 Film und Ästhetische Theorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, wo er auch als Professor für Film (2012) und für Zeitbezogene Medien (2014 bis 2015) lehrte. Softić ist Autor, bildender Künstler und Regisseur. In seiner interdisziplinären Arbeit thematisiert er die Politik des historischen Gedenkens und untersucht die Beziehung zwischen Architektur und Gewalt, Erzählung und Exil. Ebenso setzt er sich mit Exterritorialität, Unsichtbarkeit und postkolonialer Kritik auseinander. Die Arbeiten von Softić sind wie seine Geburtsstadt Sarajevo vielschichtig und komplex. Seinen künstlerischen Ansatz beschreibt er als „posttraumatische Unterhaltung“, die darauf abzielt, unvereinbare Perspektiven zusammenzuführen. Softić war von 2016 bis 2017 Stipendiat der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo und erhielt 2020 ein Arbeitsstipendium der Kulturverwaltung des Berliner Senats. Für seinen Film Bigger than Life wurde er 2018 mit dem Hauptpreis des internationalen Wettbewerbs im Rahmen der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur und mit dem 3sat-Preis bei den 64. Internationalen Kurzfilmtagen in Oberhausen ausgezeichnet. Softić lebt und arbeitet in Berlin/DE.

Softićs Arbeiten wurden unter anderem an folgenden Orten ausgestellt: Johann Jacobs Museum, Zürich/CH (2019); Elbphilharmonie, Hamburg/DE (2019); Collegium Artisticum, Sarajevo/BA (2019); MAXXI Museum, Rom/IT (2018/2019); Berlinische Galerie, Berlin/DE (2018).

Nachfolgende Arbeit des Künstlers wird in der Ausstellung EVROVIZION.CROSSING STORIES AND SPACES gezeigt:

Room to Negotiate, Installation, Mobiliar aus Holz und Metall, Regal und Tische, beinhaltet: Videos, Fotos, Bücher, Texte, Sound, alle Städte der EVROVIZION-Tournee, 2020–2027. © Adnan Softić

In einem mehrmonatigen Prozess hat der Künstler Adnan Softić gemeinsam mit dem EVROVIZION-Team ein Archiv-Mobiliar entworfen, das die Vielschichtigkeit und Prozesshaftigkeit seines Projektes widerspiegeln und beleuchten soll. Ausgehend von einer übergeordneten, immer gleichbleibenden Fragestellung entwickelt Softić für jede Tourneestation eine neue multimediale künstlerische Arbeit: Ist eine offene Gesellschaft tatsächlich ein modernes Konzept oder existiert diese schon immer? Gibt oder gab es Erzählungen, die für das heutige Europa relevant sein könnten?

Die Länder, in denen die Ausstellung gezeigt wird, lassen sich den sogenannten Peripherien Europas zuordnen. Über die Jahrhunderte hinweg fand hier immer wieder ein multiethnisches Zusammenleben statt, das von Vielfalt geprägt war. In Zusammenarbeit mit lokalen Akteuri:innen wird Softić in seiner künstlerischen Arbeit die Idee der gelebten Vielfalt ergründen und untersuchen. Es geht vor allem um die Frage, warum diese Vielfalt regelmäßig unterbunden wurde.
Die entstehende Werkserie wird Orte verbinden und Synergien ermöglichen. Wie ein reisendes offenes Archiv wird die Arbeit Room to Negotiate während der Tournee wachsen, sich verändern und am Ende ein Bild von Europa zeigen, das uns vielleicht unbekannt ist.

Dies Arbeit ist Teil der ifa-Kunstkollektion.

ATINA – NOVI SAD, Video, 10’, Novi Sad/RS, 2022.
Text: László Végel
Konzept, Regie und Kamera: Adnan Softić
Videoschnitt und Tonaufnahme: Nina Softić
Tonschnitt: Daniel Dominguez Teruel

© Adnan Softić

Die Videoarbeit ATINA – NOVI SAD des Künstlers Adnan Softić ist Teil seiner prozesshaften Arbeit ROOM TO NEGOTIATE, die während der Tournee der Ausstellung EVROVIZION.CROSSING STORIES AND SPACES mit neuen Arbeiten aus den jeweiligen Orten ergänzt wird. ATINA – NOVI SAD ist in co-kreativer Zusammenarbeit mit dem in Novi Sad lebenden Schriftsteller László Végel entstanden.

ATINA – NOVI SAD zeigt auf subtile und doch anschauliche Weise anhand eines „Fallbeispiels“, des Kaffeehauses Atina, die transformativen Prozesse der Stadt Novi Sad auf. Das sehr beliebte Kaffeehaus im Zentrum von Novi Sad musste während seiner langen Geschichte mehrmals seinen Namen entsprechend der vorherrschenden Ideologie ändern.

Das einstige Kaffeehaus Dornštedter, benannt nach seinem Gründer, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Sieg gegen die Achsenmächte in Moskau umbenannt. Die Namensänderung in Zagreb erfolgte nach dem Austritt Jugoslawiens aus dem Ostblock. Als Folge des Zerfalls des Landes Anfang der 1990er-Jahre erhielt das Kaffeehaus schließlich den heutigen Namen Atina (Athen). Diese Art von Namensüberschreibung wurde in Novi Sad mehrfach praktiziert. Immer wieder erhielten zahlreiche Straßen und Institutionen neue Namen. Die einst sehr multiethnische und polyphone Stadt bezeichnete sich im 19. Jahrhundert offiziell als viersprachig. Um dieser Mehrsprachigkeit gerecht zu werden, wurde Novi Sad auch Újvidék, Neusatz und Neoplanta genannt. Vor dem Hintergrund der Balkankriege und eines demografischen Wandels wird aktuell ein neues Synonym für Novi Sad verwendet: Die Stadt vermarktet sich nun als serbisches Athen, da Serbiens bedeutendste historische Kulturinstitution, die Matica Srpska, hier ihren Sitz hat.

Der Schriftsteller László Végel setzt sich in seinen Werken gezielt mit den beschriebenen Veränderungen und dem Verschwinden der Vielstimmigkeit in dieser mitteleuropäischen Stadt auseinander. Immer wieder thematisiert er das Kaffeehaus Dornštedter bzw. Atina, dessen Transformation stellvertretend für Novi Sad und die Region Vojvodina verstanden werden kann. Der Künstler Adnan Softić übersetzt in seiner Videoarbeit ATINA – NOVI SAD diese in Worte gefassten scharfen Beobachtungen des Schriftstellers in eine visuelle und auditive Erfahrung.

Dieses Kunstwerk wurde vom ifa in Auftrag gegeben und ist Teil der ifa-Kunstkollektion.

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